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Europa im Mai 2020 Gedanken, Empfindungen, Wünsche…

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Was ist Europa für mich?
Diese Frage hatte ich mir nie wirklich gestellt, obwohl ich „für“ Europa gestimmt habe.

Als junges Mädchen hätte ich gerne, zumindest in meiner Phantasie, viel lieber in Amerika
gelebt.
Amerika, das klang aufregender als Europa. Europa, das fühlte sich konservativ an.


Heute stelle ich mir die Frage:
„Was kenne ich überhaupt von Europa? Was bedeutet Europa für mich persönlich? Was
schätze ich an Europa?“
Deutschland allein kann nicht der Maßstab sein und es sind nicht so viele Länder, die ich
bereist habe, obwohl…
Österreich, die Schweiz, auch Liechtenstein. Italien natürlich! Die meiste Zeit im Ausland
habe ich in Frankreich verbracht und in Portugal.
Kurz bevor mein Vater starb, bin ich zusammen mit meiner damals schon erwachsenen
Tochter Myriam mit ihm in seine Heimat gefahren, nach Ungarn, in das Land das er 50 Jahre
zuvor als ganz junger Mann verlassen hatte.
Er hat mit uns Kindern nie ungarisch gesprochen und ich musste staunen, wie er sofort in
seiner alten Heimat die Sprache wechselte, verstand und verstanden wurde.
Das nördlichste Land, das ich bereist habe, ist Dänemark. Das südlichste Malta.
In Griechenland war ich auch und zweimal in Kreta. Mehrmals in Spanien und in England. In
Tschechien, das damals noch Tschechoslowakei hieß. Entlang der kroatischen Küste habe ich
mich dem Land von der Seite des Wassers her genähert.
Im vergangenen Sommer konnte ich Belgien erkunden mit Brüssel, der „Hauptstadt“ Europas,
worauf ich schon lange neugierig war, und auf dem Nachhauseweg Luxembourg
durchstreifen.

Es gibt viele Länder innerhalb Europas, die ich nicht kenne, von denen ich nicht einmal genau
weiß, wie ihre Grenzen verlaufen.
Doch ich lausche gerne den Sprachmelodien der Menschen aus Ländern, die ich nicht kenne
und deren Sprachen ich nicht verstehe. Mit einigen dieser Menschen bin ich befreundet. Sie
sprechen mittlerweile meine, unsere Sprache. Einige kenne ich nur aus Restaurants und
schätze und liebe es, wie sich mich willkommen heißen, genieße ihr Essen, wie sie es
zubereiten und servieren.
Mich fasziniert Sprache und so ist Literatur für mich ein wichtiger Baustein Europas und
dessen Geschichte.
Europa, das bedeutet für mich auch Musik, Tänze, Lieder, die mich tief bewegen.
Ich denke an Architektur und an Einflüsse aus frühen Kulturen. An alte und an ganz moderne
Bauwerke.
Ich denke an die Sagen und Mythen aus der Antike, aus dem alten Griechenland, aus der
Kelten- und Römerzeit, an nordische Sagen und Mythen, die uns bis heute beeinflussen.


Wunderbare Landschaften, Flüsse, Straßen, Brücken und Berge tauchen vor meinem inneren
Auge auf und ich denke ans Meer, an steile Küsten, einsame Buchten und kilometerlange
Sandstrände, zu denen es mich immer wieder hinzieht, an denen ich mich geborgen fühle und
mich besonders schnell und gut erhole.
Immer wenn es Sommer wird, befällt mich so etwas wie Heimweh. Heimweh nach dem Meer,
nach den Gezeiten, dem Urrhythmus in uns.
Ich sehe vor meinem inneren Auge unterschiedlichste Pflanzen und Tiere, die wie ich auf
unserem Kontinent Wurzeln geschlagen haben und hier beheimatet sind.


Ich denke an kleine und große Städte, die ich kennenlerne durfte, von denen jede in mir einen
anderen Klang auslöst, einen anderen Duft, andere Erinnerungen und Gefühle wach werden
lässt, wunderbare Kleinodien und Brunnen beherbergt, Einzigartiges ausstrahlt und ich liebe
das Dorf, in dem ich schon viel Jahre lebe, am Rande der Großstadt, die ein DORF ist, wie
viele Menschen sagen, die andere Metropolen erlebt haben.
Ein liebenswertes Dorf, wie ich finde, durch dessen Mitte ein breites Flussbett führt, das mit
uns seine Kraft, sein Wasser teilt, an seine Ufer einlädt.
Ich liebe die Spazierwege ganz in meiner Nähe und erfreue mich an Vertrautem und dass ich
auch im Kleinen immer wieder Neues entdecken darf.


Ich bin mir der vielen Kriege bewusst, die in Europa gewütet haben auch jener, die im Namen
der Religionen geführt wurden, der Völkerwanderungen, der Geschichte von Flucht und
Vertreibung, der dunkelsten der Geschichten, der Verfolgung und dem Mord an den Juden
und anderen Minderheiten, der Zuwanderung und der Bemühungen um Frieden seit vielen
Jahrzehnten.
Mich fasziniert, in welchem Tempo sich die Technik allein in den letzten hundert Jahren ihren
Weg gebahnt hat, ebenso die Errungenschaften in der Medizin. Leider ging dabei auch altes
Wissen verloren.
Die Philosophie und die Entdeckung der Wichtigkeit der menschlichen Psyche, mit der die
Entwicklung der Psychologie ihren Weg nahm, gibt uns die Möglichkeit zu reflektieren und
eingefleischte Muster zu verwandeln sowie seelische Verletzungen zu heilen, uns der Werte
des Lebens bewusst zu werden sowie dafür Verantwortung zu tragen.


Themen wie Umweltschutz, Pflanzen- und Tierschutz stellen uns vor neue Aufgaben, ebenso
wie wir uns gegenwärtig und in Zukunft der Unterbringung der vielen Menschen am Rand
Europas stellen, die wegen Gewalt, Krieg und Mangel an Nahrung oder wegen
Diskriminierung ihr Land verlassen mussten.
Die Digitalisierung und die Entwicklung Künstlicher Intelligenz macht es notwendig, parallel
eine zeitgemäße Ethik zu entwickeln.
Ich wünsche mir, dass wir und die nachfolgenden Generationen uns dieser Aufgabe bewusst
und in voller Verantwortung stellen, damit in Europa und anderswo das Leben auf unserer
Erde lebenswert bleibt.


ruth neureiter

Mein Statement zu Europa:
Ich schätze an Europa, dass ich frei meine Meinung äußern kann, dass Menschen aller
Nationen hier leben, lernen, arbeiten und ernähren können, sich austauschen, sich miteinander
befreunden und zu Familien verschmelzen.
Ich freue mich, dass Europa bunt ist und im Austausch bemüht ist, gemeinsam Wege zu
finden, die möglichst viele Anliegen berücksichtigen.
Ich lebe gern in Europa.

Ein Gedanke zu „Europa im Mai 2020 Gedanken, Empfindungen, Wünsche…“

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